24. Januar 2006
Abschweifung in die Bleiwüste: Gedenkschrift zu Lebzeiten
Mann macht sich einfach immer wieder die falschen Gedanken. Auch wenn ich Mittlerweile nicht mehr mit solch kleinlichen Kategorien, wie wahr und falsch hantieren sollte, ist es mir doch nicht entgangen, wie sehr eben dieses Denken, dass sich immer wieder den Vorwurf der Metaphysik einhandelt - ganz so als währe Metaphysik ein Fluch und nicht etwa ein notwendiges Denken des Unmöglichen - immer wieder mein Handeln und mein Verhalten dominieren.

Zu oft kreist mein Denken noch um die Inthronierung eines echten wahren, eines unangreifbaren Gedankens. Ohne dabei zu sehen, dass gerade die Angreifbarkeit einer These diese erst dem Interesse zugänglich macht. Freilich befindet sich letzenendes jede Theorie auf dem Plateau allgemeiner Zielübungen, doch gib es schlicht solche Texte, die rein auf Grund ihres Daseins als Theorie, also als Verfasstheit in der Sprache, eine strukturelle Angreifbarkeit ermöglichen, und solche, die darüber hinaus wegen ihres unerhörten Wesens eine gewisse Angreifbarkeit und auch einen gewisses Potential zum Angriff bieten. Auf die Gefahr hin einer Subversion theoretischen Schreibens auf die ein oder andere Weise nicht wirklich gerecht zu werden, möchte ich darum einfach behaupten, dass doch vor allem solche Theorien ins Zentrum des Interesses treten, die zu eben dieser zweiten Gruppe von Schriften gehören - ausgenommen natürlich man hat einfach aus ideologischen Gründen kein Interesse an einem bestimmten Typus des Nachdenkens. Ich bin mir bewußt, dass ich mich mit diesen Aussagen notgedrungen auf einem Gemeinplatz bewege, dennoch ist der Zugang zu solchen Schriften erst vor dem Hintergrund ihrer Unzulänglichkeiten interessant.

Aber um auf meine einleitende These zurück zu kommen: im Zuge meiner Arbeit an dem BauhausArtikel hatte ich zwar bis jetzt den nötigen Ansatz eines, wie ich finde, für meine Verhältnisse recht ambitionierten Textes - diese Ambitioniertheit führe ich in erster Linie darauf zurück, dass ich zum ersten Mal wirklich an und mit einem Thema arbeite, anstatt mich zwischen Tür und Angel so ganz nebenbei in ein Feld von Begriffen und Metaphern einzulesen - die Zielsetzung war aber immer noch von diesem Denken in richtigen und falschen Zusammenhängen bestimmt. Es war mir ein Anliegen zu zeigen, dass dem Film resp. der Institution des Kinos in der Geschichte der Gedächtnistheorie unrecht widerfahren ist (Heike Klippel findet zu diesem Thema die besseren Worte), indem er einfach nicht, oder bestenfalls nur periphär in den Kanon der Gedächtnismetaphern Einzug gehalten hat. Ich wollte dem Film zu seinem Recht verhelfen in dem ich zeige, in wie weit ihm dieser Platz dennoch gebührt. Genau darin lag mein Denken in richtig/falsch: mein Ansatz wäre genau der selben Zielsetzung gefolgt, wie beispielsweise derjenige der Kognitionspsychologie, die versucht den Übergang von Unbewußtem zu Bewußtem, oder eben von Gedächtnis zur Erinnerung einer Topologie zugänglich zu machen, die sich in naturwissenschaftlichen Kategorien, d.h. qualitativ fassen lässt. Stattdessen versuche ich nun die Blickrichtung zu ändern. Ich möchte nicht mehr die Qualitäten des Films als Gedächtnismetapher bestimmen sondern untersuchen welchen Blickwinkel der Film auf das Problem von Gedächtnis/Erinnerung/Vergessen eröffnet.

Damit entgehe ich in gewisser Weise der Verlegenheit, dem Film eben die Qualitäten des Gedächtnisapparates nachweisen zu müssen - dies währe ohnehin nur mit einem immensen Arbeitsaufwand und mehreren dutzend Seiten Papier möglich gewesen - und komme in die angenehmere Lage, genau aus der Sicht der Theorien zu agieren, die allgemein auf Ablehnung stoßen. Dazu gehört allen voran die Psychoanalyse freudscher couleur, die auch heute noch in weiten Teilen der Forschergemeinde bestenfalls ein Müdes Lächeln hervorruft, dass der Erschütterung durch dieses Denken freilich nicht gerecht wird.

Was sich aber auf die Arbeit mitunter sehr positiv ausgewirkt hat, war der Austausch in meinem Weblog und die damit einhergehende Befriedigung meines narzisstischen Geltungsbedürfnisses. Außerdem befindet sich dort, wo die Texte auch gelesen werden, eben der Ort der Metaphysik, den ich für so notwendig und fruchtbar erachte - oder um es mit Derrida zu formulieren: "Ich misstraue der Utopie, ich will das Unmögliche".
Bleibt nur zu hoffen, dass ich alles zu einem soliden Abschluss bringen kann. Ich werde dann besonders mit Stefan und mymspro ein Fass aufmachen, die trotz meiner endlosen Ausführungen zu dieser verhältnismäßig unbedeutenden Sache nicht die Nerven an den Nagel und mich am nächsten Baum aufgehängt haben, in diesem Sinne...keep on rocking in a free world........Wenn der Text dann endlich fertig ist, werde ich auch nicht mehr damit nerven. Versprochen;)



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