13. November 2005
Reizschutz und Archiv
texturmutant, 16:39h
In Jenseits des Lusprinzips spricht Freud an einer Stelle über das Sysem Bw, dass er mit einer Membran zur Abwehr übermäßiger Außenweltreize vergleicht. Dieser "Reizschutz" sorgt für eine adäquate und vor allem abgeschwächte Form der Wahrnehmung, um so das Gedächtnis vor Schaden zu bewahren. Dieser Reizschutz funktioniert jedoch in beide Richtungen, lässt sich sozusagen umkehren und gegen eine übermäßige Triebregung einsetzten. Dieses Mittel der Unlustvermeidung nenn Freud dann die "Herkunft der Projektion".
Die Frage stellt sich nun, was diese Erregung des inneren Systems leitet? Sind es nicht eben die Zustände in denen der Reizschutz durchbrochen wird, in denen quasie Außenwelt und Gedächtnis für einen kurzen Moment miteinander Verbunden sind? Ein Blick in Richtung Walter Benjamin zeigt auch schon einen solchen Prozess der Überbrückung: der Film, der aufgrund seiner materiellen Wahrheit den Reizschutz 24mal in der Sekunde zu durchschlagen weiß.
Einige Zeilen zuvor bringt Freud die Syteme W-Bw, V-Bw und U-Bw zu dem Psychischen Gedächtnisapparat zusammen, dessen Wirkungsweise es ist, genau dass besonders gut zu speicher, was nicht in der Erinnerung, d.h. im System W-Bw vorkommt. "Wir stützen uns auf die Eindrücke der psychoanalytischen Erfahrung, wenn wir annehmen, daß alle Erregungsvorgänge in den anderen Systemen Dauerspuren als Grundlage des Gedächtnisses in diesen hinterlassen, Erinnerungsreste also, die nichts mit dem Bewußtwerden zu tun haben. Sie sind oft am Stärksten und haltbarsten, wenn der sie zurücklassende Vorgang niemals zum Bewußtsein kommt."
Die Frage die sich mir nun im Hinblick auf dieses Rückerinnern und die damit einhergehende Projektion stellt, ist die, ob es sein kann, dass die Reste eines filmischen Eindrucks an der narrativen Strategie der Identitätsbildung Teil haben können? Und eine Frage die sich sofort anschließt: Ab welchem Moment findet die Bildung der Identität statt? zum Zeitpunkt des "Eindrucks" oder zum Zeitpunkt, da man beginnt seine inneren Vorgänge auf die Außenwelt rück zu projezieren?
Eine sehr ergiebige Lektüre zu den Fragen des Archivs, war in diesem Zusammenhang Derrida "Mal d'archiv" ["Das Böse/Das Verlangen des Archivs" dt. Dem Archiv verschrieben]. Derrida erkennt - hier sehr verkürz - die Zusammenhänge des Wiederholungszwangs, der jedem Gedächtnis (also auch jedem Archiv) als Grundlage für dessen Verwertbarkeit dient, mit dem Todestrieb, der in Jenseits untrennbar mit dem Wiederholungszwang zusammen gedacht wird. "Das Archiv arbeitet allzeit und apriori gegen sich selbst", heißt es bei Derrida.
Diese These, so provokativ sie vielerorts aufgenommen worden ist, lässt eine dritte Frage im Raum aufkeimen. Angenommen der Film wirkt bei der Identitätsbildung eines Individuums mit, angenommen das Moment der Identität wird als unentscheidbar herausgestell (was freilich einer Frage nach der Verantwortung gegenüber der gezeigten Inhalte korrespondiert), ist es dann nicht möglich, dass ein Gewaltverbreitendes Potenzial, dass den Medien und v.a auch dem Film oft unterstellt wird, letztlich nicht auf die Inhalte des Films, sonder auf die Struktur der Archivtechnik zurückzuführen ist, die den "Destruktionstrieb" quasie latent immer mit sich führt. Ist also das "Subjektil" eine Vermittlung zwischen historischer und materieller Wahrheit, wie es Derrida zu zeigen versucht?
Die Frage stellt sich nun, was diese Erregung des inneren Systems leitet? Sind es nicht eben die Zustände in denen der Reizschutz durchbrochen wird, in denen quasie Außenwelt und Gedächtnis für einen kurzen Moment miteinander Verbunden sind? Ein Blick in Richtung Walter Benjamin zeigt auch schon einen solchen Prozess der Überbrückung: der Film, der aufgrund seiner materiellen Wahrheit den Reizschutz 24mal in der Sekunde zu durchschlagen weiß.
Einige Zeilen zuvor bringt Freud die Syteme W-Bw, V-Bw und U-Bw zu dem Psychischen Gedächtnisapparat zusammen, dessen Wirkungsweise es ist, genau dass besonders gut zu speicher, was nicht in der Erinnerung, d.h. im System W-Bw vorkommt. "Wir stützen uns auf die Eindrücke der psychoanalytischen Erfahrung, wenn wir annehmen, daß alle Erregungsvorgänge in den anderen Systemen Dauerspuren als Grundlage des Gedächtnisses in diesen hinterlassen, Erinnerungsreste also, die nichts mit dem Bewußtwerden zu tun haben. Sie sind oft am Stärksten und haltbarsten, wenn der sie zurücklassende Vorgang niemals zum Bewußtsein kommt."
Die Frage die sich mir nun im Hinblick auf dieses Rückerinnern und die damit einhergehende Projektion stellt, ist die, ob es sein kann, dass die Reste eines filmischen Eindrucks an der narrativen Strategie der Identitätsbildung Teil haben können? Und eine Frage die sich sofort anschließt: Ab welchem Moment findet die Bildung der Identität statt? zum Zeitpunkt des "Eindrucks" oder zum Zeitpunkt, da man beginnt seine inneren Vorgänge auf die Außenwelt rück zu projezieren?
Eine sehr ergiebige Lektüre zu den Fragen des Archivs, war in diesem Zusammenhang Derrida "Mal d'archiv" ["Das Böse/Das Verlangen des Archivs" dt. Dem Archiv verschrieben]. Derrida erkennt - hier sehr verkürz - die Zusammenhänge des Wiederholungszwangs, der jedem Gedächtnis (also auch jedem Archiv) als Grundlage für dessen Verwertbarkeit dient, mit dem Todestrieb, der in Jenseits untrennbar mit dem Wiederholungszwang zusammen gedacht wird. "Das Archiv arbeitet allzeit und apriori gegen sich selbst", heißt es bei Derrida.
Diese These, so provokativ sie vielerorts aufgenommen worden ist, lässt eine dritte Frage im Raum aufkeimen. Angenommen der Film wirkt bei der Identitätsbildung eines Individuums mit, angenommen das Moment der Identität wird als unentscheidbar herausgestell (was freilich einer Frage nach der Verantwortung gegenüber der gezeigten Inhalte korrespondiert), ist es dann nicht möglich, dass ein Gewaltverbreitendes Potenzial, dass den Medien und v.a auch dem Film oft unterstellt wird, letztlich nicht auf die Inhalte des Films, sonder auf die Struktur der Archivtechnik zurückzuführen ist, die den "Destruktionstrieb" quasie latent immer mit sich führt. Ist also das "Subjektil" eine Vermittlung zwischen historischer und materieller Wahrheit, wie es Derrida zu zeigen versucht?
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