4. Juni 2006
Surrealistisches
Eindrücke amerikanischer Schriftstellerei oder America


"If all americans will stay together in for one country than there will be no limit for america."
Georg W. Bush nach der Präsidentschaftswahl
vom 3. November 20041


Gerne würd’ ich vom Auto berichten, dass sich mit einem schlürfenden Geräusch vom Dasein verabschiedet; oder von den Affen im Zoo, die ungeniert vor den Besuchern kopulieren und dabei lustvoll kreischen, als gäbe es kein Gesetz auf dieser Erde. Gern würd’ ich unbeteiligte Besucher sehen, die sich über die Verkehrsregeln hinwegsetzen um keinen der Unfälle zu versäumen. TV- Sender auf denen Nietzsche im Nachmittagstalk als utopischer Schwärmer denunziert wird und die Moderatorin vor laufender Kamera einen „abortus mit einer transparenten Pumpe“ durchführt. Kein Polizist der nicht den Gummiknüppel gegen den Schlagstock eintauscht, seinem Nachbarn auf die Schulter klopft und dabei lächelnd nachfragt, wie denn die Jagt dies’ Wochenende so gewesen sei.

All das blieb mir verwehrt, denn der Schlüssel wollte das Schloss nicht öffnen. Doch war all das auch keine Absicht, wie sich erst später herausstellen sollte:
Neulich traf ich Kowalski, als er gerade betrunken aus einer Bar stolperte. Es gab Ärger mit dem Gastwirt: Man hatte gewettet, das Kowalski es nicht schaffen würde, dem roten Pudel eines fetten Gastes, den Kopf abzureißen ohne die Gefühle des Gastes damit zu kränken. Der Wirt war wohl der schlechtere Verlierer und schmiss Kowalski kurzerhand raus. Auf der Straße packte er sich einen arabischen Touristenfallenhändler und nötigte ihn in ein Taxi zu steigen. Er legte dem Fahrer 200 Lappen hin und wies ihn an nicht eher Halt zu machen bis das Geld durch war. Hat dem Armen Teufel dann unaufhörlich Geschichten aus seiner Kindheit auf dem Lande erzählt, bis dieser schließlich eine Waffe zog und sich in den Kopf schoß. „Vielleicht gewinnt der Texaner!“1 prangt es im Vorbeifahren von einer neon beleuchteten Werbewand herab.

Kowalski verfolgt mich anscheinend.
Neulich saß ich im Restaurant. Ein Betrunkener hatte zuvor meinen Weg gekreuzt und spie sein Inneres auf die Sohle meines Schuhs. Von nun an sollte Gestank meine Begleiterin sein. Nun ja es gibt schlimmeres. (2) Plötzlich platzt Kowalski ins Restaurant und zieht eine von seinen Nummern ab. Er trägt einen weißen Anzug, mit blau gerändertem Kragen und Panamahut. Er hat ein Halstuch umgebunden und raucht eine Zigarre mit Moschusaroma. Er sieht aus wie ein Plantagenbesitzer aus dem letzten Jahrhundert.
Im Schlepptau hat er zwei leichtbekleidete Mädchen, von denen eine den Gästen ihre apfelgroßen Brüste zeigt und die andere unentwegt an Kowalskis Geschlecht herum elaboriert, dabei affektiert stöhnt und sich mit der Zunge über die Lippen fährt, ganz so, als gäbe ihr allein der handgreifliche Kontakt mit Kovalskis Schwanz die nötige Erregung um zum Höhepunkt zu kommen. (Unnötig zu erwähnen, daß Kovalski sie für diese Show bezahlt hat). Er hat auch einen Kettensklaven dabei, der die ganze Zeit über auf allen vieren gehen muß. Der Sklave ist mit einem Geschirr versehen, dass Mund und Nase weit aufreißt, so dass es ihm unmöglich ist, zu sprechen. Alles was er von sich gibt sind A-Laute. Durch ein ausgeklügeltes System von Zugschnüren und Umlenkrollen kann Kovalski die Tonhöhe der As verändern, indem er ihm mehr oder weniger die Gesichtsöffnungen aufspannt. Der Sklave ist selbstverständlich unbekleidet und hat eine weiße Tätowierung auf dem Rücken auf der steht ICH HUNGERE FÜR DEN FRIEDEN! Kowalski bestellt sechs Flaschen Champagner, von denen er fünf in die Toilette schütten lässt. In der Zwischenzeit geht er von Tisch zu Tisch und zündet Geldscheine an, lacht dabei ein tiefes hohles Lachen und Grunzt zwischendurch wie ein Schwein, was ihn offenbar so sehr amüsiert, daß sich sein Lachen hie und da zum Geschrei verdichtet.
Derweil ist das Maß der Empörung im Restaurant bereits auf das Niveau von unbeteiligtem Getuschel angestiegen. Als Kowalski jetzt noch seinen Sklaven erniedrigende Gesten machen lässt, eskaliert die Situation: Einer der Gäste springt empört auf und schreit: „Skandal!“ Er legt genug Pathos in die Stimme, so das alle denken er meine es Ernst, dabei ärgert er sich lediglich über die zu hohe Rechnung. Das ist Kowalskis Stichwort – genau darauf hatte er die ganze Zeit gewartet. Er beginnt nun auf den empörten Gast einzureden, indem er ihm Geschichten aus seiner Kindheit auf dem Lande erzählte. Plötzlich ertönt irgendwoher ein Schuß.

Am darauffolgendenTag lief ich auf einem Platz zwischen einer Menschenmenge hindurch, die sehr Aufgeregt schien. Ich konnte zuerst nicht ausmachen, worin die Erregung der Menge ihren Ursprung hatte, als plötzlich etwas vor mir auf den Bordstein klatschte - ein abgeschnittenes männliches Geschlechtsteil. Ich blickte nach oben, in die Richtung aus der es kam und wen sehe ich?
Er stand da und warf von einem bunt geschmückten Festwagen aus der Jubelnden Menge mit Sperma und Blut verschmierte Penisse zu, die er in duzenden von Kartoffelsäcken hinter sich gestapelt hatte. Dabei lachte er und streckte der Menge die Zunge heraus. In seinem Blick lag Zufriedenheit. Die Menschenmasse verschlang sich derweil im Kampf um die besten Stücke, so dass viele in einem glitschigen Geräusch erdrückt wurden.

(2) Gestank ist eine Geste die man nicht missachten sollte.




writings and photographs by texturmutant

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Kafkesque. Mais, tres chique.
Schön wieder von dir zu lesen. :-)

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Merci bien. Irgendwann mußte das Prä-Sommerloch ja mal ein Ende haben.

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